Nachdem
sich die Firma Lanz bereits seit der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts mit
Dreschmaschinen und Lokomobilen (das sind fahrbare Dampfmaschinen) einen
Namen gemacht hatte, wurde 1921 der erste Bulldog auf den Markt gebracht,
der Typ HL mit 12 PS. Dieser von Dipl.-Ing. Dr. Fritz Huber entwickelte
Schlepper basierte auf einem liegend eingebauten Einzylinder-Zweitaktmotor
ohne Ventile, dem Glükopfmotor. Beim Glükopfmotor wird der eingespritzte
Kraftstoff nicht wie bei den heute üblichen Motoren durch eine Zündkerze
(Benzinmotor) oder durch hohe Verdichtung (Dieselmotor) zur Explosion gebracht,
sondern durch die heiße Innenwand des Zylinderkopfes. Dieser Motor
konnte mit verschiedensten Kraftstoffen wie Benzin, Benzol, Stein- und
Braunkohlen-Teeröle und sogar mit pflanzlichen Fetten betrieben werden
und war wesentlich robuster als die anderen Konstruktionen dieser Zeit.
Dieser Bulldog weist bereits alle wesentlichen Konstruktionsmerkmale auf,
die für alle folgenden Typen kennzeichnend sind: großer Hubraum
(6,2 l) aus einem liegenden Zylinder, niedrige Drehzahl (420 U/min) und
das dadurch entstehende Auspuffgeräusch, das man nie mehr vergißt,
wenn man es einmal gehört hat. Ansonsten unterscheidet sich der 12er,
so genannt wegen der Leistung von 12 PS, deutlich von der heutigen Vorstellung
eines Schleppers. Er hat kein Getriebe, weshalb die Fahrgeschwindigkeit
nur über die Motordrehzahl bestimmt wird. Dadurch ergibt sich eine
moderate Höchstgeschwindigkeit von 4,2 km/h. Wohl auch deshalb sind
alle Bedienelemente auf Handbedienung ausgelegt. So kann der Fahrer, statt
sich auf dem Sitz durchschütteln zu lassen, einfach neben dem Bulldog
herlaufen. Zur Rückwärtsfahrt wird der Motor umgesteuert, was
durch Reduzieren der Drehzahl bis fast zum Stillstand und plötzliches
"Gasgeben" im richtigem Moment geschieht. Seinem charakteristischen Aussehen
mit dem vorstehenden Gühkopf verdankt der 12er auch seinen Namen "Bulldog",
der auf die Ähnlichkeit des 12ers mit der Hunderasse anspielt. Die
Bezeichnung Bulldog werden die Schlepper von Lanz bis 1958 tragen.
In
den folgenden Jahren wurde der Bulldog weiterentwickelt und im Jahr 1929
eine neue Generation vorgestellt, die Kühlerbulldogs. Bis dahin hatten
alle Bulldogs wie der 12er eine reine Verdampfungskühlung, d.h. in
einem offenen Kühlsystem verdampfte Wasser. Dieses Verfahren erforderte
große Mengen an Kühlwasser, die während des Betriebs laufend
ergänzt werden mußten. Bei den neuen Kühlerbulldogs wurde
das Kühlwasser wie beim modernen PKW in einem Kühler mit der
Umgebungsluft, unterstützt durch einen Ventilator, abgekühlt.
Jedoch hatten die Lanz-Bulldogs im Gegensatz zum modernen PKW keine Wasserpumpe,
die das Kühlwasser umwälzt. Stattdessen wird der Dichteunterschied
von kaltem und warmen Wasser ausgenützt.Das warme Wasser steigt vom
Zylinder durch das Steigrohr nach oben in den Kühler und wird dort
abgekühlt, wodurch es wieder nach unten sinkt. Dieses Verfahren wird
als Thermosyphon-Kühlung bezeichnet.
Mit der Einführung der Thermosyphon-Kühlung erhielten die Bulldogs das Aussehen, das für die vielen folgenden Modelle typisch sein sollte: Das Steigrohr auf der Stirnseite mit dem Schriftzug "Lanz Bulldog" und die seitlichen Kühlerelemente. In den 30er Jahren waren die Bulldogs ein voller Erfolg und so konnte Lanz im Jahr 1942 als damals größte Landmaschinenfabrik Europas den 100 000. Schlepper ausliefern. Lanz hatte in dieser Zeit Bulldogs von 20 bis 55 PS im Angebot. Die 20 und 25 PS-Typen hatten einen Hubraum von 4,7 l und waren zierlicher in der Bauform. Alle größeren Modelle hatten 10,3 l Hubraum und waren größer gebaut. Gut zu erkennen ist dies auf dem Bild rechts, das einen 35 PS und einen 25 PS-Bulldog nebeneinander zeigt. Während des Zweiten Weltkriegs mußten die Bulldogs wegen Treibstoffmangels auf Holzgasbetrieb umgebaut werden und 1945 waren 90% des Werks zerstört. Neben der Sicherung der Ersatzteilversorgung stand in den folgenden Jahren die Wiederaufnahme der Produktion im Vordergrund. Dabei wurde nahtlos an die Vorkriegsproduktion angeknüpft.
1952
zeichnete sich eine Entwicklung ab, die das Schicksal der Firma Lanz bestimmen
sollte: Die modernen Dieselschlepper anderer Firmen verdrängten den
seit 1921 im Prinzip kaum veränderten Bulldog langsam vom Markt. Ebenfalls
in diesem Jahr stellte Lanz eine Weiterentwicklung des Glükopfmotors
vor, den Mitteldruckmotor. Die Verwendung einer neuen Einspritzdüse,
mit der sich der Einspritzzeitpunkt genauer steuern ließ, die Erhöhung
der Verdichtung und die Einführung eines kegelförmigen Brennraumes
machten den Motor sparsamer und brachten eine höhere Leistung bei
gleichem Hubraum. Ein speziell entwickelter Pendelanlasser als Serienausstattung
machte zusammen mit einer Zündkerze das Anwerfen des Bulldogs von
Hand überflüssig. Mit den Halbdieseln verschwand auch das Ritual
des Anheizens mit der Lötlampe. Da diese Bulldogs mit Benzin gestartet
und erst danach auf Dieselbetrieb umgestellt wurden, bezeichnete man sie
als Halbdiesel.
Mitte 1955 kamen die Volldiesel-Bulldogs auf den Markt und zwar die
Typen D1616, D2016, D2416 und D2816. Diese Bulldogs waren mit einer Glühkerze
ausgestattet und kamen ohne den umständlichen Benzin-Start aus. Damit
konnte Lanz gegenüber der Konkurrenz punkten, bei der dieser Komfort
schon länger Einzug gehalten hatte. 1956 stellte Lanz den letzten
Bulldog vor, den D4016. Im gleichen Jahr übernahm John Deere die Aktienmehrheit
bei Lanz und ab dem 1. September 1958 wurden die Bulldogs nicht mehr in
blau-roter Lackierung, sondern in grün-gelb ausgeliefert. Zu diesem
Zeitpunkt verschwand auch der Schriftzug "Bulldog" von den Motorhauben.
Nach einer Übergangszeit von 1960 bis 1967, in der das Unternehmen
John-Deere-Lanz AG hieß, war das Ende für Lanz gekommen.
Was jedoch weiter lebt ist der Begriff "Bulldog", der im süddeutschen
Raum gleichbedeutend mit Schlepper ist.
Doch jetzt zurück zu dem, was in der Überschrift steht. Da
der Bulldog fast direkt vor der Haustüre steht und meine (ehemalige)
Schule nur ca. 2,5 km von unserem Haus entfernt ist, konnte ich das Angenehme
mit dem Nützlichen verbinden: ich fuhr mit dem Lanz in die Schule,
d.h. natürlich nur in den Sommermonaten und auch nur, wenn es nicht
regnete. Rechtlich war das kein Problem, der Bulldog ist mit schwarzer
Nummer angemeldet, darf also ohne Einschränkungen benutzt werden.
Schwieriger war da schon das Mitnehmen der Schultasche. Ackerschlepper
haben bekanntlich keinen Kofferraum und auch sonst wenig Stauraum. Vor
allem muß man alles irgendwie befestigen, durch das Schütteln
des liegenden Einzylindermotors und das Fehlen einer Federung bleibt nichts
dort wo es soll. Doch die Lösung war hier ziemlich einfach: ich stellte
die Schultasche auf die Ackerschiene und befestigte sie an der Anhängerkupplung.
Die Fahrt selbst war absolut unproblematisch, weil die Strecke ziemlich
eben und so bis auf die Halte an der Ampel und den Einmündungen im
6. Gang zu fahren ist. Meine Mitmenschen haben darüber wohl etwas
anders gedacht. Vor allem die, die auf iherm Weg in die Schule von einem
ca. 15 km/h schnellen Bulldog aufgehalten wurden und nicht überholen
konnten. Ein Lehrer der Sonderschule, der sich für den verlängerten
Arm des Gesetzes hält, fragte mich deshalb einmal (nachdem er ca.
4 Minuten hinter mir herfahren mußte), ob ich denn staatlich subventioniert
sei. Er meinte damit das grüne Kennzeichen für landwirtschaftliche
Fahrzeuge und wollte mich wohl so aus dem Verkehr ziehen. Doch leider mußte
ich ihn enttäuschen und teilte ihm mit, daß ich brav meine Steuer
zahle und ein schwarzes Kennzeichen habe. Ansonsten waren die Reaktionen
wesentlich positiver, sie reichten vom erstaunten Zusehen bis zum freundlichen
Zuwinken.
Als sehr praktisch erwies sich der Bulldog auf dem Schulparkplatz.
Durch die geringe Größe, den kleinen Wendekreis und die phantastische
Übersicht waren auch kleine Parklücken kein Problem.
Gerne denke ich heute noch an die Zeit zurück in der ich an herrlichen
Sonnentagen um 12:50 die Schule verließ, um mit dem Bulldog die Heimfahrt
anzutreten. Zuerst wurde die Schultasche am Zugmaul angebracht und aufgestiegen.
Dann der Schlüssel ins Zündschloß gesteckt, der Anlaßschalter
auf die Vorglühraste gezogen und je nach Witterung etwas Kraftstoff
eingespritzt. Nach einer für heutige Dieselmotoren unvorstellbar langen
Zeit den Anlasser betätigen und dabei das Fußgas durchtreten.
Das Handgas ist ja vom Morgen noch eingestellt. Die ersten Zündungen
erfolgen und eine Rauchwolke steigt aus dem Kamin, der Motor kommt auf
Touren. Jetzt langsam das Gas zurücknehmen und das Handgas noch etwas
korrigieren. Aus der Parklücke fährt es sich am besten in der
Ackerübersetzung raus, die sowieso noch eingelegt ist, um den Vormittag
über das Wegrollen zu verhindern. Für die weitere Fahrt Straßenübersetzung
rein und langsam den Parkplatz unter Beachtung der Vorfahrt verlassen und
einem schönen Nachmittag entgegenfahren...
Bis zum 18. Geburtstag und dem Führerschein Klasse 3 war der Bulldog
aber nicht nur Schulfahrzeug, sondern ich setzte ihn auch für alle
anderen Fahrten, z.B. zu Freunden ein, wenn das Wetter paßte. Damals
wollte ich, um bei unsicherem Wetter nicht vom Regen überrascht zu
werden, ein Blechdach mit Scheibe anbringen. Ich hatte bereits ein passendes
auf Lager, das ganz gut zum Bulldog paßte. Doch bei Probefahrten
damit zeigten sich zwei Nachteile: durch die Schalenform des Daches findet
der Beifahrer praktisch keinen Platz mehr für seinen Kopf und außerdem
geht das Fahrgefühl eines Ackerschleppers verloren. Nicht nur, daß
sich das Geräusch für den Fahrer ändert, auch die freie
Aussicht nach oben (und auf die eigene Rauchentwicklung) fehlt. Weil mir
der Bulldog als Cabrio besser gefiel kam das Dach nie zum Einsatz.
Mit dem Führerschein Klasse 3 änderte sich die Situation etwas. Bei schlechtem Wetter und vor allem im Winterhalbjahr fuhr ich mit dem Auto, genauer gesagt mit unseren Geländewagen, in die Schule. Das Abitur brachte aber für den Bulldog zum Abschluß der Schulfahrten noch einmal einen großen Einsatz mit sich. An unserer Schule hat es sich nämlich eingebürgert, daß die 13. Klasse nach dem Abiturstreich auf einem Anhänger durch die Stadt fährt. Zugfahrzeug ist ein (moderner) Traktor, der von einem Mitschüler mit Landwirtschaft gefahren wird. Unsere Klasse war natürlich ein Sonderfall, ein alter Lanz ist für diesen Zweck eigentlich ideal. Doch ich hatte Bedenken einen Anhänger mit 42 darauf stehenden Abiturienten durch die Innenstadt zu ziehen. Ruckartige Lastwechsel waren wegen der "Ladung" unbedingt zu vermeiden, die hohe Stützlast des Einachsers sowie das Anhalten ohne Bremskraftverstärkung und schiebendem Anhänger ebenfalls keine Freude. So vereinbarte ich mit Gerhard Simböck, einem Mitschüler, der nicht nur einen modernen Fiat sondern auch mehr Übung im Anhängerbetrieb hatte, er solle den Anhänger übernehmen. Obwohl sein alter McCormick sich sicher besser gemacht hätte, war auch ihm die Sicherheit der modernen Technik lieber. Auf diese Weise kam unser Abiturjahrgang zu einer Stadtrundfahrt mit zwei Bulldogs, was zur Wirkung natürlich gewaltig beitrug.
Irgendwann steht hier...
... wie mir auf der Fahrt zum TÜV der Blinkschalter abbrach
und Hella sei dank durch ein Neuteil ersetzt wurde
... wie zwei Geber für das Kühlwasserthermometer kaputtgingen
und ich schließlich zum Gesamtaustausch schritt
Doch das wird wohl eine Weile daueren.